27.08.2018

Kritisches Kochen und freudiges Schlemmen

Home, sweet home (USA) – Casa (Italien) – σπίτι = spíti (Griechenland) – الوطن = watan (Syrien) – дома = doma (Russland) – מולדת = moledet (Israel) – yurt (Türkei) – 고향 = gohyang (Südkorea)

Heimat? ein inflationär gebrauchter Begriff im politischen und öffentlichen Diskurs. Und doch lohnt es sich diesen Begriff neu zu thematisieren und in einen alternativen Kontext zu bringen. Denn er zeigt uns Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten auf und kann als Ausgangspunkt für eine Diskussion auf Augenhöhe dienen.

Dass dieser Begriff hierbei auch oftmals zur Abgrenzung gegenüber dem Fremden und zur Stärkung nationalistischer Einstellungen missbraucht wird, zeigt umso mehr, dass er neu behandelt werden muss. Heimat als ein Konzept, dessen Definition je nach Individuum variiert, sollte im Kontext interkultureller Verständigung eine neue vermittelnde Bedeutung bekommen.
In unserer Workshopreihe Meine- Deine- Unsere Heimat nehmen wir uns gemeinsam mit Neu-BürgerInnen und Alteingesessenen Oberhausens dieser Aufgabe an und entwickeln ein interkulturelles, gemeinsames Heimatkonzept.
Den Anfang machte letzte Woche der Workshop „Kritisches Kochen“. In Kooperation mit der Multi, konnten wir gemeinsam mit Jugendlichen aus aller Welt über diese Thematik diskutieren und eines der wichtigsten Heimatcharakteristika sogar zubereiten: gutes Essen!

Heimat? an inflationary used term in political and public discourse. And yet, it is worth it to reinterpret this term and bring it into an alternative context. It shows us differences, but also similarities and can serve as a starting point for a discussion at eye level.

The fact that this term is often abused to demarcate from strangers and to strengthen nationalist attitudes shows, that it has to be re-treated. Heimat (home) as a concept, whose definition varies according to the individual, should acquire a new mediating meaning in the context of intercultural understanding.
In our workshop series Meine-Deine-Unsere Heimat, we take on this task together with new and long-established citizens of Oberhausen to develop an intercultural, shared Heimat concept.
The workshop started last week with the 1st project "Critical Cooking". In cooperation with the Multi, we were able to discuss this topic together with young people from all over the world and even prepare one of the most important home characteristics: good food!

Denn Heimat beschreibt so viel mehr als einem bestimmten (Herkunfts-)Ort: Wir verbinden emotionale Bindungen, Geräusche, Gerüche, visuelle Merkmale wie Farben, Gebäude, Kleidung oder Kunst und eben Geschmäcker mit diesem Begriff und für jede und jeden von uns bildet dieses Konglomerat an Assoziationen ein ganz eigenes Konzept. Durch gemeinsames Kochen und Gespräche haben wir versucht diese individuellen Konzepte auszutauschen und Gemeinsamkeiten ausfindig zu machen.
Wir hätten nicht gedacht, dass wir dabei schon zu Beginn der Workshopreihe auf so viele unterschiedliche Kulturen treffen würden.
Das Multi-Projekt, ein multilaterales Jugendbegegnungs-Projekt mit TeilnehmerInnen aus aller Welt und seit 1992 ein fester Bestandteil der Sommerferienzeit in Oberhausen, war der perfekte Einstieg in diese Thematik. An 4 Tagen nahmen TeilnehmerInnen aus Italien, den USA, der Türkei, und Griechenland, zusammen mit Jugendlichen aus Oberhausen und der Region an unserem Workshop im Zuge der Multi-Projekttage teil. Einen Zugang zu der Thematik Heimat und dem interkulturellen Austausch durch gemeinsames Kochen und Essen gab es durch Husam mit der Refugees` Kitchen. Husam ist Teil des Refugees`Kitchen Team und hat auf vielen Events seine Heimat-Gerichte für neugierige Gäste gekocht. Gemeinsam mit seiner Frau Angie und den beiden Söhnen Rami und Karim haben sie den Multi-TeilnehmerInnen einen Einblick in ihre Heimat durch ein syrisches Menü gegeben.

Die Besonderheit dieses Mal: Die Jugendlichen bildeten das Kochteam! Husam und Angi gaben Hilfestellung und erklärten wie die Gerichte zubereitet werden und welche Zutaten entscheidend sind, geschnippelt wurde jedoch in der Gruppe. Hierbei kamen die Gespräche ganz automatisch auf Themen wie: Heimat-Ort und Wunschheimat, Erinnerungen an Heimat-Momente, Heimatgerichte und spezifische Zutaten. Aber auch Ernährung, kulturelle Essgewohnheiten und kulinarische Vorlieben waren Thema. In einer geleiteten Diskussionrunde haben wir uns auch kritischeren Themen gewidmet. Karim und Rami haben von ihrer Reise aus Syrien bis nach Deutschland erzählt. Ryan, dessen Eltern aus Jordanien in die USA immigrierten, erzählte uns von den abweisendem und teilweise sogar bedrohlichem Verhalten seiner Mitmenschen ihm gegenüber nach den Anschlägen des 11. Septembers. Yaren berichtete von der Problematik des Zusammenlebens an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien und ihrer Besorgnis über die aktuelle politische Lage in der Türkei. Ein Teil der Gespräche wird bald online als Videos zu sehen sein.

Nach diesen oftmals auch bedrückenden Themen und der fleißigen Hilfe der Jugendlichen, konnte pünktlich um 12 aufgetischt werden und die Stimmung wurde wieder lockerer. Für viele der TeilnehmerInnen war es dies das erste Mal, dass sie arabisches Essen probierten. Der Aha-Effekt war groß: Neben klassischem Tabouleh-Salat gab es die beliebte Vorspeise Fateh (Bohnen-Salat in warmer Butter) und eine würzige Gemüse-Suppe. Es wurde geschlemmt und verglichen, welche Gewürze auch in anderen Kochtraditionen be“heimatet“ sind und ziemlich schnell wurde klar: Die Jugendlichen wollen ebenfalls ihre Heimatgerichte vorstellen. Das Menü für die kommenden Tage lautete daher wie folgt: Menü1 Shakshuka (Israel) mit Tzatziki (Griechenland), buntem Salat (Polen) und Tiramisu (Italien) zum Nachtisch. Menü2: ein Pasta-Battle zwischen Mac`n`Cheese (USA) und Spaghetti al pesto verde (Italien) und Omas Apfelkuchen (Deutschland).
Kein Wunder, dass das Unterhaus unter den Muli-MitarbeiterInnen zum Geheimtipp für die Mittagspause wurde :)

Wir bedanken uns bei allen TeilnehmerInnen für die rege Mitarbeit und bei der Landesarbeitsgemeinschaft soziokultureller Zentren LAG NW für die Förderung des Projekts!

Because Heimat describes so much more than a specific place of origin: We connect emotional bonds, sounds, smells, visual characteristics such as colors, buildings, clothing or art and especially tastes with this term and for each and every one of us this conglomerate of associations forms a unique concept. Through joint cooking and conversations, we have tried to exchange these individual concepts and to find common ground.
We did not think that we would meet so many different cultures at the beginning of the workshop series.
The Multi-project, a multilateral youth encounter project with participants from all over the world and since 1992 an integral part of the summer holiday season in Oberhausen, was the perfect introduction to this topic. Participants from Italy, the USA, Turkey, and Greece, along with young people from Oberhausen and the region participated in our workshop during the multi-project days. Husam and the Refugees` Kitchen provided a 1st introduction to the topics of intercultural exchange through cooking and eating together. Husam is part of the Refugees`Kitchen Team and has cooked his home-dishes for curious guests at many events. Together with his wife Angi and their two sons Rami and Karim, they gave the Multi-participants an insight into their homeland through a Syrian menu

The special feature this time: The young people formed the cooking team! Husam and Angie provided assistance and explained how the dishes are prepared and what ingredients are crucial, but the most work was done in the group. Here, the conversations came automatically to topics such as: home-place and home of desire, memories of home-moments, local dishes and specific ingredients. But also nutrition, cultural eating habits and culinary preferences were the topics. In a guided discussion round, we also addressed more critical topics. Karim and Rami talked about their journey from Syria to Germany. Ryan, whose parents immigrated from Jordan to the United States, told us about the reprehensible and sometimes even threatening behavior of his fellow human beings after the 9/11 attacks. Yaren reported on the problem of living together on the border between Turkey and Syria and her concern about the current political situation in Turkey. Part of the talks will soon be online as videos.

After these serious topics and the hard-working help of the youngsters, we could finally enjoy a great meal the good and the mood relaxed again. For many of the participants, this was the first time they had tried Arabian food. The surprising effect was great: in addition to classic Tabouleh salad, there was the popular appetizer Fateh (bean salad in warm butter) and a spicy vegetable soup. It was feasted and compared, which spices are also home-grown in other cooking traditions, and pretty quickly it became clear: The young people also want to introduce their home dishes. The menu for the coming days was as follows. Menu1: Shakshuka (Israel) with Tzatziki (Greece), garden salad (Poland) and Tiramisu (Italy) for dessert. Menu2: a pasta battle between Mac`n`Cheese (USA) and spaghetti al pesto verde (Italy) and as a desert grandma's apple pie (Germany).
No wonder the Unterhaus became the insider tip for lunch break among the Muli employees :)

We would like to thank all participants for the active cooperation and the Landesarbeitsgemeinschaft soziokultureller Zentren LAG NW for promoting the project!